Speech by Dr Norbert Lammert
G:\Präsidialbüro\Punktationen Reden Grußworte\Ostseeparl.konf.docBegrüßung durch den Präsidenten des DeutschenBundestages, Dr. Norbert LammertGood morning everybody,sehr geehrter Herr Außenminister Dr. Pabriks, zugleichals Vorsitzender des Ostseerates, lieber Kollege Thönnesals amtierender Vorsitzender des Ständigen Ausschussesder Ostseeparlamentarierkonferenz, verehrtePräsidentinnen und Präsidenten der Parlamente undParlamentarischen Versammlungen, liebe Kolleginnenund Kollegen,ich begrüße Sie alle ganz herzlich hier in Berlin zur 16.Ostseeparlamentarierkonferenz. Die meisten von Ihnenhatten, wie ich höre, Gelegenheit, gestern die alte undneue deutsche Hauptstadt etwas intensiverkennenzulernen, und Sie werden dabei möglicherweise,wie viele andere vor Ihnen auch, den Eindruck gewonnenhaben, dass Berlin bei unveränderter geografischer Lageund unveränderten Abmessungen sich in denvergangenen zehn Jahren gewaltig verändert hat, dassdiese Stadt so etwas geworden ist wie der Ausdruck dergründlich veränderten Verhältnisse in Europa seit denrevolutionären Umwälzungen am Ende der 80er und amBeginn der 90er Jahre. Insofern befindet sich die StadtBerlin in einer ähnlichen Situation wie der Ostseeraum.Auch da hat sich mit Blick auf die Landkarte nichtsverändert, aber die Situation dieser Region undinsbesondere die Perspektiven, die sich für dieAnrainerstaaten der Ostsee für die Gegenwart und für dieüberschaubare Zukunft ergeben, haben sich dramatischverändert gegenüber gerade der jüngeren Vergangenheitunseres gemeinsamen Kontinents. Der Ostseeraum ist inder europäischen Geschichte immer wieder ein Gebietsowohl intensiver Handelsbeziehungen gewesen wieimmer wieder ein Austragungsort von Konflikten undmilitärischen Auseinandersetzungen. Trotz ihresgelegentlich etwas herben Klimas ist die Ostsee immerein strategisches Gebiet gewesen sowohl für Handel wiefür Militär, und vieles spricht dafür, dass der Ostseeraumein strategisches Gebiet für Europa bleiben wird. Im 20.Jahrhundert war der Ostseeraum in beiden Weltkriegenein zentraler Kriegsschauplatz. Die Seeschlacht vor demSkagerrak war die größte Seeschlacht im ErstenWeltkrieg. Der Zweite Weltkrieg hat begonnen mit demBeschuss der Westerplatte durch das deutscheLinienschiff „Schleswig-Holstein“ am 1. September1939. Viele herausragende, darunter auch vieledramatische Ereignisse der jüngeren europäischenGeschichte, sind mit dieser Region ganz unmittelbarverbunden. Nach dem Zweiten Weltkrieg in der Zeit dessogenannten Kalten Krieges ist der traditionellebedeutende Wirtschaftsraum Ostsee zu einereuropäischen Randregion verkümmert. In dieser Zeit wardieser Raum zu keinem Zeitpunkt militärisch, wohl aberpolitisch eher Peripherie als Zentrum der gemeinsamenEntwicklung. Erst mit der Überwindung der Trennungdes Kontinents, erst mit der Beseitigung des Eisernenoder, wie es mit Blick auf den Ostseeraum auch einmalformuliert worden ist, des Eisigen Vorhangs, ist derOstseeraum nun auch politisch von der Peripherie insZentrum gerückt. Er ist fast so etwas wie ein EU-Binnenmeer geworden. Heute befinden wir uns längst aufeinem Weg, in dem nicht nur auch in dieser RegionKooperation und gemeinsame Entwicklung möglichgeworden sind, sondern in der der Ostseeraum so etwaswie ein Pilotprojekt für die Überwindung der einstigenOst-West-Spaltung geworden ist und damit auch einPilotprojekt für Entwicklungen, die in Zukunftgemeinsam möglich werden. Aber ich will gernehinzufügen, gerade auch mit Blick auf die Tagesordnungdieser Konferenz, dass diese gemeinsamenEntwicklungen nun nicht nur möglich geworden sind, siesind auch nötig, und die Themen Ihrer Konferenz machenbeispielhaft deutlich, wo Regierungen und Parlamentenicht nur Chancen, sondern auch Aufgaben für dieZusammenarbeit in der Zukunft sehen. Da ist das großeThema der künftigen Energieversorgung allerMitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und derStaaten in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft und inVerbindung damit das der sich daraus ergebendenOptionen einer Energieversorgung. Nicht nur für einzelneLänder, sondern für den gesamten Kontinent ergibt sicheine Reihe direkt und indirekt damit verbundener Fragenfür die Sicherung und Bewahrung der Umwelt und derHerausforderung des Klimawandels. Dies war auch eingroßes Thema, wie Sie alle wissen, des letzten G8-Gipfels, der wiederum nicht ganz zufällig inHeiligendamm, also an der Ostsee, stattgefunden hat, undich begrüße sehr, dass diese Parlamentarierkonferenz dieerste sich bietende Gelegenheit nutzt, dieses große Themanun auch und gerade unter Parlamentariern aufzugreifenund fortzuführen. Die gleiche Beschreibung trifftnatürlich für das zweite große Konferenzthema zu,nämlich die Entwicklung eines gemeinsamenArbeitsmarktes und die damit verbundenen Fragen derOrganisation sozialer Sicherungssysteme. Das eine wiedas andere Thema ist hinreichend kompliziert, undniemand wird es für einen unfreundlichen Akt halten,wenn ich die vorsichtige Vermutung zum Ausdruckbringe, dass man beide Themen heute und morgen inBerlin vermutlich nicht abschließend wird behandelnkönnen. Aber da trösten wir uns dann gemeinsam mit derAussicht, dass es nach der 16. eine 17. und nach der 17.eine 18. Konferenz geben wird, jedenfalls ist dieseParlamentarierkonferenz längst zu einer festen Institutiongeworden, die in einem ebenso festen Rhythmus wie ineiner vergleichsweise lockeren Organisation dieMöglichkeit bietet, gemeinsame Aufgaben auchgemeinsam anzupacken. Dabei ist die gleichberechtigteZusammenarbeit zwischen den Vertretern regionaler undnationaler Parlamente wiederum so etwas wie einPilotprojekt, das es an anderer Stelle bei den zahlreichvorhandenen parlamentarischen Gremien innerhalb undaußerhalb der Europäischen Gemeinschaft in ähnlicherWeise nicht gibt, was ganz gewiss zu den Vorzügendieser Ostseeparlamentarierkonferenz gehört.Meine Damen und Herren,schon vor zehn Jahren hat der damalige deutscheBundespräsident, Roman Herzog, mit Blick auf dieOstsee und die wechselhafte Geschichte dieses Raumesbemerkt - ich zitiere ihn - „Heute trennt uns die Ostseenicht mehr, sondern sie verbindet uns alle. Sie bietet einMehr an Möglichkeiten und kann gleichzeitig zu einemMeer voller Möglichkeiten werden.“ Es liegt an uns, ausdiesem Meer mehr zu machen, und ich habe keinenZweifel, dass es daran, was die Motivation und dasEngagement angeht, am Einsatz der Parlamentarierinnenund Parlamentarier nicht fehlen wird. Ich wünsche dieserKonferenz eine intensive und fruchtbareAuseinandersetzung.Ich hoffe, es geht ähnlich beschwingt weiter, wie esbegonnen hat mit der Berliner Combo. Die Berliner Luft,mit der ja auch dieses Medley heute morgen begonnenhat, wird hoffentlich der Konferenz gut tun und allenTeilnehmern auch. Meine guten Wünsche begleiten Sie.Alles Gute. Bis bald.
Speech by Dr Norbert Lammert